Warum die Regisseurin von Domashni Igri nicht zur Filmvorführungen kommen konnte? Weil Alisa Kovalenko – nachdem sie ihren Sohn und ihre Mutter im Westen in Sicherheit gebracht hatte – wieder zurück in die Ukraine gegangen ist – nicht als Filmemacherin, sondern zur Armee. Eine Filmfrau, die jetzt für die Verteidigung ihres Landes zur Waffe greift. So ist das Thema Krieg beim 11mm Fußballfilmfestival jeden Tag präsent, obwohl die Filme diesen überhaupt nicht thematisieren.
Die Macherinnen des Ukrainischen Filmfestivals Berlin Daria Buteiko und Valentyna Zalevska begleiten die Filme der Reihe kenntnisreich und einfühlsam. Sie berichten davon, dass auch jetzt noch Filme in der Ukraine gedreht werden. Der Krieg und die Kriegsgräuel sollen dokumentiert werden. An Fußball hingegen ist nicht zu denken, wenn Stadien im Osten des Landes zu Kriegszielen werden.
Beim Film Bazyl über den Spieler und Trainer Oleg Bazilevich ist Kateryna Chernii dabei. Die Historikerin vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam arbeitet zu den Transformationsprozessen des ukrainischen Fußballs und dem Wandel der Eliten nach dem Ende der Sowjetunion. Aber sie ist nicht nur Expertin für fußball-historische Themen. Sie kennt auch über familiäre Kontakte die Familie Bazilevich. Ein absoluter Glücksfall. Nach dem Kinobesuch ist der im Westen nahezu vergessene Dynamo-Kiew-Spieler und -Coach den Zuschauer*innen ganz nahe gekommen.
Die Veranstaltungen der Ukraine-Reihe bieten einen tiefen und berührenden Einblick in die Fußball- und Filmwelt der Ukraine. Bis Montag laufen noch weitere Filme über das legendäre Team der 70-ziger Jahre von Dynamo Kiew am Sonntag und The Other Chelsea über Schachtar Donezk von Jakob Preuss, der am Montag bei der Filmvorführung dabei sein wird. So bleibt der Krieg in der Ukraine an allen Festivaltagen ein Thema, auch wegen des diesjährigen Festivalplakats von Josephine Henning, das hoch am Babylon gut sichtbar über der Rosa-Luxemburg-Straße hängt.